Die richtige Ernährung einer Landschildkröte ist die wichtigste Grundlage für ein gesundes Heran- wachsen sowie langes Leben. Obwohl mittlerweile viel über die richtige Ernährung bekannt ist, liest man immer wieder von falscher Ernährung, welche die häufigste Ursache für Krankheiten und oft auch für den plötzlichen Tot ist. Das Hauptaugenmerk bei der richtigen Ernährung sollte immer die Orientierung am natürlichen Lebensraum sein. Hier finden die Schildkröten ausgewogene Nahrung. Bei der Fütterung unserer gepflegten Schildkröten, sollte die Nahrung immer ein optimales Kalzium:Phosphor-Verhältnis von 2:1 aufweisen.

Eins steht fest, etwa 75 % aller Landschildkröten sind Pflanzenfresser (Herbivore). Die restlichen Schildkröten sind überwiegend Allesfresser (Omnivore). Reine Fleischfresser (Carnivore) sind nicht bekannt. Die meisten tropischen und subtropischen Schildkröten sind Allesfresser, mediterrane Schildkröten sowie Wüsten- und Steppenschildkröten ernähren sich fast ausschließlich von Pflanzen.

Das hört sich jetzt alles ganz einfach an, die Schwierigkeit liegt jedoch in der richtigen Futterzu- sammenstellung. Dazu sind ein umfangreiches Pflanzenwissen und Kenntnisse der Inhaltsstoffe notwendig. Diese wiederum variieren sehr zwischen grünem Frischfutter und getrockneten Futterpflanzen.


Eine Griechische Landschildkröte beim verspeisen von Obst, welches lieber nicht angeboten werden sollte.

Zu den wichtigsten Bestandteilen zählen:
Eiweiß/Protein, Fette, Rohfaser/Ballaststoffe
Kohlenhydrate (Zellulose, Hemizellulose, Lignin, Pektin, Stärke, Zucker)
Mineralstoffe und Spurenelemente (Kalzium, Phosphor, Kalium etc.)
Vitamine (wasserlösliche, fettlösliche
)


Hierzu ein paar Erklärungen, warum die richtige Futterzusammensetzung mit ihren Inhaltsstoffen oder Bestandteilen so wichtig ist und was passieren kann, wenn Mangelerscheinungen auftreten (siehe auch unter "Krankheiten"):

Eiweiß/Protein (max. 20% für adulte Tiere, 25 % für Jungtiere i. d. TS=Trockensubstanz)
Aufbau von Körperzellen, Krallen, Haut, Muskeln, Sehnen, Knorpeln, Bindegewebe, Wachstum, Gewebeaufbau und -regeneration, Geschlechtsreife, Stoffwechsel, Blutkreislauf, Immunsystem, Verdauung, Hormonproduktion, Energiequelle
Quellen:
Herbivore: Luzernemehl, Möhren, Erbsen, Bohnen, div. Wildkräuter
Omnivore: Rind, Huhn, Truthahn, Lamm (rohes Fleisch), Insekten, Würmer, Schnecken, Fisch, Leber, Innereien


Rohfaser/Balaststoffe (mind. 12 %, besser 20-30 % i. d. TS)
Voraussetzung für eine gesunde Darmflora, Verdauung
Quellen: Wegericharten, Heu, Agrobs, Heucobs (z. B. ReptosanH) etc.

Kohlenhydrate (
mind. 12 %, besser 20-30 % i. d. TS)
Energie, Stützsubstanz (Zellulose/Zellwände), Reservestoff

Fette (max. 7-10 % i. d. TS)
Aufbau von Körperzellen/Blutplasma, Wachstum, Gesundheit des Blutes/Arterien/Nerven, Nierenfunktion, Hautbild


Vitamine, wasserlöslich
Diese kann der Körper einer Schildkröte nicht selbst bilden oder nicht in ausreichender Menge aufnehmen: B1, B2, B3, B6, B11, B12, C, H, Niacin

B12 - Aufbau der DNA, Steuerung der roten Blutkörperchen
bei Mangel: Blutarmut, Nervenstörungen meistens erzeugt durch ausschließliches Füttern von Salat


C – unterstützt Produktion der roten Blutkörperchen, Infektionsbekämpfung, Wundheilung, Immunsystemfunktion
Quellen: alle Obst-/Gemüsesorten



Sicherlich ist das köstlich! Die Blätter und Blüten von Erdbeeren können verfüttert werden, die Frucht
sollten Sie lieber selbst essen.


Vitamine, fettlöslich
A – Infektionsabwehr, Eiweißaufbau, Knochenwachstum, Sehvorgang, Fruchtbarkeit
Quellen: alle grünen Pflanzen

D2/D3 – Förderung der Aufnahme von Kalzium/Phosphor im Darm, Mobilisierung von Kalzium aus den Knochen – Bildung durch UV-Strahlung
bei Mangel: Skelettveränderungen (Rachitis), Erweichungen von Knochen/Panzer (Osteomalazie), poröse Knochen (Osteroporose), Apathie, Sehstörungen, Nierenschäden
Quellen: UV-Strahlung

"UV-B Strahlung und ihr Einfluss auf die Gesundheit von Reptilien, im speziellen Schildkröten"

E – Schutzfunktion der Schilddrüsen- und Nebennierenhormone, Fruchtbarkeit, Zellatmung des Muskelgewebes/Herz, Weitung der Adern, verhindert Thrombosen
bei Mangel: nicht lebensfähige Eier
Quellen: grünes Blattgemüse (herbivor), Fleisch (carnivor/omnivor)

K1/K2/K3 - Blutgerinnung

Mineralstoffe/Spurenelemente
Hierzu gehören: Eisen, Zink, Kalzium, Jod, Kalium, Kupfer, Magnesium, Natriumchlorid, Phosphor, Kobalt, Mangan, Selen
bei Mangel: gravierende Auswirkungen auf den gesamten Organismus, Kalzium und Phosphor machen insgesamt 70-75 % aller Mineralien im Körper aus

Kalzium
Blutgerinnung, Enzymaktivität, Muskelbewegung, Knochengewebe, Nierenfunktion, Nervenimpulse
Quellen: Sepia- und Eierschale, Kalziumlaktat, Kalziumglukonat, Schneckenhäuser, Knochen sowie fast alle Gemüseprodukte

Phosphor
Knochen, Zähne, Energieträger und –speicher

Eisen
Produktion von roten Blutfarbstoffen (in Verbindung mit Kupfer), Proteinstoffwechsel
bei Mangel: Blutarmut mit Atemnot/Verstopfung
Quellen: grünes Blattgemüse (herbivor)

Jod
Energiehaushalt, Wachstum, Anregung des Stoffwechsels
bei Mangel: Unterfunktion der Schilddrüse, Verfettung, Trägheit, Kröpfe durch Kohlfütterung

Magnesium
fördert die Aufnahme/Umwandlung der Vitamine C und E sowie Mineralstoffe Kalzium, Phosphor, Natrium und Kalium, Protein- und Kohlenhydratstoffwechsel, Knochenwachstum
bei Mangel: Herzrhytmusstörungen, Muskelkrämpfe, Muskelzittern
Quellen: grünes Blattgemüse

Natriumchlorid
steuert Zelleninnendruck, sorgt für ausgewogenes Verhältnis der sauren und alkalischen Bestandteile des Blutes, Herausfiltern von Abfallprodukten aus der Leber

Zink
Ernährung und Fortpflanzung, Vitaminaufnahme

Fluor
reibungsloser Ablauf der Körperfunktionen - Quellen: sattgrüne Blattsalate

Kobalt
Vitamin B12-Stoffwechsel - bei Mangel: Blutarmut, Darmprobleme (Flagellatenbefall bei Floraschäden)

Mangan
normales Knochenwachstum, Fortpflanzung

Selen
Zellschutzfunktion - bei Mangel: Muskeldegeneration

Fluor, Kobalt, Mangan sowie Selen sind nur in sehr geringer Konzentration vorhanden.


Das war jetzt ein langer theoretischer Teil, der jedoch sehr wichtig ist. Hier jetzt ein paar Beispiele zur Futterzusammensetzung:


gemischte Wildkräuter/Blüten: Wildkräuter und Blüten (siehe Futterpflanzen) kann man sehr gut miteinander mischen, da die Auswahl und Vielfalt doch sehr hoch ist. Ab und an gebe ich auch Klee hinzu, der natürlich sehr gern verspeist wird, aber auch ein „Dickmacher“ ist; demnach nur selten und in geringen Mengen angeboten wird. Ich versuche meistens mindestens 3-5 verschiedene Wildkräuter (z. B. Löwenzahn, Breit- oder Spitzwegerich, Gänsedistel, Vogelwicke, Schafgarbe, Leinkraut, Storchschnabel, Winde, Platterbse mit Blüten, Vogelmiere, Klettenlabkraut, Hirtentäschel usw.) zu kombinieren, hinzu gebe ich 1-2 verschiedene Blüten (Löwenzahnblüten, Ackerstiefmütterchen, Gänseblümchen, Blüten der Gänsedistel, Nachtkerze, Wucherblume, Kamille, Malve, Hibiskus etc.). Abwechselung erzielt man durch Reichung von diversen Blättern (Johannisbeere, Himbeere, Erdbeere), die ich allerdings auch nur ab und an gebe. Der überwiegende Teil der Futterration setzt sich aus Wildkräutern und Getrocknetem zusammen. Um die Schildkröten jedoch nicht ständig an einen „reich gedeckten Tisch“ zu gewöhnen, gibt es auch mal Tage, an denen ich nur ein oder zwei Futterpflanzen reiche. Diese sind dann jedoch nach einem optimalen Ca:P-Verhältnis ausgewählt. Heu steht stets zur freien Verfügung sowie Sepiaschalen und ab und zu finde ich auch verlassene Schneckenhäuser, die ich ebenfalls frei in den Gehegen verteile.
(optional) Salat/Wildkräuter-Mischung bzw. Salat/Zugabe: Feldsalat (schlechtes Ca:P-Verhältnis – es fehlt Kalzium) mit Zugabe von minimalen Mengen ReptosanG ODER Aufwertung durch kalziumreiches Futter (Löwenzahn, Luzerne, Wegericharten, Malve, Opuntien etc.), zufügen von Rohfasern (z. B. getrocknete Brennessel, Luzerne, Rotklee) eventuell kombinieren mit Blüten
• man kann auch Wildkräuter oder Salat z. B. Romanasalat (etwas kleingeschnitten) mit Heucobs mischen – so können die Schildkröten bei der Futteraufnahme sich nicht nur die Leckerbissen raussuchen, sondern nehmen gezwungenermaßen auch wertvolle Rohfasern sowie Wasser zu sich (mit etwas Geduld, Geschick und ein paar Tricks kann man damit Schildkröten an Agrobs-Futter bzw. andere Heucobs heranführen)


 Schadstoffe/Bedenkliches:
• Sauerklee, Spinat, Ampferarten (Oxalsäure)
• Blumenkohl, Kohllaub, Rettichlaub, Wiesenschaumkraut, Ackerhellerkraut, Brokkoli, Brunnenkresse,
  Grünkohl, Kohlrabi, Radieschen, Rosenkohl (vermindert Jodaufnahme, Kropfbildung möglich)
• Beinwell, Spinat (Nitrat)
• Überreifes Obst (Gärung, Rauschzustand, Durchfall, Darmfloraschädigung)
Völlig ungeeignetes Futter für Herbivoren – bitte niemals füttern:
Katzen- und Hundefutter, Ei, Brot, Wurst, Fleisch, Nudeln, Kartoffeln, Reis, Kleie, Haferflocken, Mais, Eis, Schokolade usw.
Verzichten Sie darauf!
Im Zoohandel bzw. in Zoofachgeschäften werden immer wieder diverse Futtersticks für Land- schildkröten angeboten und meistens sogar vom Fachpersonal empfohlen. Mein Rat: NIEMALS kaufen – egal was der "Fachmann" dazu sagt! Dieses Futter ist in keinster Art und Weise natürlich, der Proteingehalt ist viel zu hoch und man fördert mit diesen Futtermitteln ein unnatürliches und völlig ungesundes, überaus schnelles Wachstum der Schildkröten. Das Fazit davon, meistens viel zu schnell gewachsende Schildkröten, die völlig „verfettet“ und oftmals dazu krank sind. Die Lebens- erwartung wird enorm verringert. Greifen Sie zu natürlichen Pflanzen, die in jedem Garten wachsen und vor allem den Geldbeutel schonen.


Letztes Update: 1. Dezember 2007