Die Hibernation (Winterstarre) wird oft fälschlicherweise als „Winterschlaf“ bezeichnet. Die Tiere schlafen nicht, sondern fallen bei sinkenden Temperaturen ab ca. 8 °C in eine Art Starre. Dabei verlangsamt sich der Stoffwechsel auf ein Minimum und das Herz schlägt nur noch etwa 4 Mal pro Minute. Während dieser Zeit nehmen die Tiere weder Nahrung noch Wasser zu sich und das Wachstum wird ebenfalls ausgesetzt.


Jede Schildkröte, die aufgrund klimatischer Bedingungen dazu gezwungen wird, hält in der Natur eine Winterstarre. Dabei spielt das Alter und die Größe des Tieres keine Rolle. Ob nun frisch geschlüpft (juvenil=Geschlecht unbekannt), semiadult oder adult – sie halten alle - ohne Ausnahme - ihre Winterstarre. Darüber sollte sich jeder Halter bewusst sein und daher seinen Tieren auch in der Gefangenschaft diese Auszeit wirklich gönnen, um möglichst naturnahe Schildkröten groß zu ziehen. Weiterhin mindert eine Hibernation die Höckerbildung, welche sehr oft auf dauerhaft zu warm gehaltene Schildkröten und zu schnelles Wachstum zurückzuführen ist. Der Vorteil bei der Prakti- zierung der Hibernation bei in Gefangenschaft gehaltenen Schildkröten ist, dass dieser kontrolliert abläuft. In der Natur sind die Tiere sich selbst überlassen. Ihre „innere Uhr“ sagt ihnen ganz genau, wann es Zeit dafür wird ein geeignetes Winterquartier aufzusuchen, um sich letztlich tief in den Erdboden einzugraben. Jedoch muss man auch erwähnen, dass in der Natur einige Schildkröten, vor allem Schlüpflinge, oft ihre erste Winterstarre nicht überleben. Leider passiert dies auch bei in Gefangenschaft gehaltenen Schildkröten, auch wenn darüber immer keiner redet oder es zugeben will. So traurig dies auch klingt, es ist der Verlauf der Natur...



Paula, ein sehr altes Testudo boettgeri-Weibchen, spürt die sinkenden Temperaturen und fängt an sich teilweise einzubuddeln.


Oft wird von einigen Haltern berichtet, dass sie ihre jungen Tiere im ersten Lebensjahr gar nicht, manchmal sogar auch erst ab dem 2. oder 3. Lebensjahr erst überwintern lassen. Auf Nachfrage erfährt man dann, dass ihnen dass so vom Züchter oder der Zoohandlung empfohlen wurde. Dennoch rate ich dringend dazu, auch die noch so winzigen Schlüpflinge zu überwintern. Ich begründe dies immer, dass sie im natürlichen Lebensraum auch eine Winterstarre halten würden, denn hier zieht niemand durch deren Habitat und sammelt alle kleinen Schildkröten ein, um sie mit nach Hause zu nehmen und schön warm zu halten. Rat an die Anfänger: Bitte kein Angst davor haben, die Schildkröten zu überwintern. Sich ausgiebig informieren und dann einfach nachmachen.


Die Schlüpflinge erhalten bei mir keine verkürzte Starre, es sei denn, dass sie zu sehr an Gewicht verlieren. Jedoch begrenze ich die Zeit auf maximal 3-4 Monate. Im Winter 2006/2007 hatte ich zwei 3 Monate alte Schlüpflinge zu überwintern. Ich wollte sie erst nur 8 Wochen starren lassen. Nachdem ich sie zwischendurch kontrolliert habe und feststellen musste, dass sie kein einziges Gramm abgenommen haben, habe ich mich dazu entschlossen, sie 3 Monate starren zu lassen. Nach dem Auswintern haben sie insgesamt jeweils nur 1 g abgenommen. Ich möchte noch hinzufügen, dass die Meinung der Gewichtskontrolle bei starrenden Schildkröten sehr variiert. Einige Halter verurteilen diese Methode, andere empfehlen sie aus Sicherheitsgründen. Außerdem frage ich mich, wie man sonst das Gewicht kontrollieren soll? Ebenfalls variieren die Meinungen zur Länge der Starre bei Schlüpflingen. Hier sollte jeder Halter ein gutes Mittelmaß finden. Ich bin der Meinung, dass es wichtiger ist, dass überhaupt eine Winterstarre gehalten wird und dass diese unter Ausschluss aller Risiken vorgenommen werden sollte. Ich führe lediglich Gewichtskontrollen bei den Schlüpflingen durch. Meine juvenilen und adulten Schildkröten wiege ich nicht (mehr) während der Winterstarre. Um festzustellen, ob dennoch alles reibungslos abläuft, genügt es, diese während der Lüftung des Kühlschranks ab und zu sanft an den Vorder- oder Hinterfüßen zu berühren. Sie reagieren dann mit langsamem Zurückziehen der Gliedmaßen. 

Mittlerweile starren auch die ganz jungen Tiere im Frühbeet.



Auch Paul (Testudo boettgeri), hat es sich im Stroh schon gemütlich gemacht.


Warum Winterstarre?

Ganz einfach:
• Bestandteil des Lebenszyklus in der Natur
• Verbesserung des Allgemeinbefindens (aktiver und robuster)
• Voraussetzung für erfolgreiche Nachzucht

Voraussetzung für eine Winterstarre ist, dass das Tier optisch gesund und frei von jeglichen Parasiten ist. Etwa im Juni/Juli sollte eine Kotprobe entnommen und ins Labor geschickt werden bzw. eine direkte Vorstellung beim Tierarzt erfolgen. Ist die Kotprobe ohne Befund, darf das Tier einge- wintert werden. Es empfiehlt sich hier, etwa im September noch mal eine Kotprobe untersuchen zu lassen. Stellt sich bei der ersten Untersuchung der Kotprobe heraus, dass eine medikamentöse Behandlung (z. B. Panacur) notwendig ist, darf das Tier erst auf die Winterstarre vorbereitet werden, wenn die Behandlung komplett abgeschlossen und die Nachkontrolle der Kotprobe(n) ohne Befund ist. Weiterhin sollte noch ein 4-6-wöchiger Zeitraum nach der Behandlung berücksichtigt werden, der zur Ausscheidung aller restlichen Medikamente und Parasiten notwendig ist. Erst dann kann die Schildkröte auf die Winterstarre vorbereitet werden. Unmittelbar vor der Einwinterung muss das Tier gewogen werden, um während bzw. nach der Winterstarre festzustellen, ob und wieviel das Tier eventuell an Gewicht verloren hat. Hierzu benutze ich eine digitale Küchenwaage mit 6 kg Maximalgewicht und 0,1 g Genauigkeit.


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Die gesamte Vorbereitungszeit bis zum Einwintern des Tieres, beträgt etwa 8 Wochen (siehe

u. g. Zeitplan). In dieser Zeit werden alle 2-3 Tage die Lampen (Tageslicht/UV) und der Wärmespot langsam reduziert. Die Vorbereitung zur Starre in einem Terrarium gestaltet sich immer etwas schwierig. Hier muss der Herbst nachgestellt werden, indem man etwas Laub in das Terrarium gibt und 1-2 Mal pro Woche Regen simuliert (Besprühen). Daher empfiehlt es sich, das Terrarium in einen nicht beheizten Raum zu stellen. Nur so kann man in der Vorbereitungszeit nächtliche Temperaturen um die 10 °C erreichen. Ein leicht gekipptes Fenster sorgt weiterhin für niedrige Temperaturen. Jedoch ist hierbei darauf zu achten, dass die Tiere keineswegs Zugluft bekommen. Die Temperaturen am Tage betragen dann nur noch 12-14 °C. Nach ca. 4-5 Wochen verweigern die Tiere dann endgültig die Nahrung. Keineswegs sollte man das Futter einfach den Tieren entziehen; sie wissen selbst wann es soweit ist. Wenn die Tiere etwa 1 Woche lang kein Futter mehr angerührt haben, bietet man auch kein Futter mehr an. Bekannterweise verlangsamt sich der Stoffwechsel und es findet unter 7 °C keine Verdauung mehr statt. Frisches Wasser wird weiterhin – wenn möglich mehrmals täglich – bis zur Einwinterung gereicht.


Während der Vorbereitung zur Winterstarre: Paula gräbt sich in kälteren Nächten schon komplett ein und hat noch Reste von Sand und Stroh auf dem Rückenpanzer. Noch mal kurz aufwärmen und dann wird sich wieder eingebuddelt... Das Frühbeet sieht leicht verwüstet aus...


Einfacher ist die Vorbereitung im Freiland; natürlich mit einem beheizten Frühbeet oder Gewächshaus. Da die Tiere in der Freilandhaltung genau die Tageslänge sowie Tag (hell) und Nacht (dunkel) reell mitbekommen, werden sie ab ca. Mitte September träger. Sie spüren von selbst, dass die Tage kürzer werden, die Temperaturen abnehmen und auch die Sonne weniger scheint und nicht mehr die Wärme erzeugt wie noch vor wenigen Wochen. Sie nutzen dann die wenigen Sonnenstrahlen nur noch zum Aufwärmen. Man wird bemerken, dass sie kaum noch im Freiland unterwegs sind, sich in Ecken oder unter einem Busch verkriechen und dort verweilen oder sich hin und wieder an einer geeigneten Stelle eingraben. Wer sein Freigehege gut strukturiert, es kennt und seine Tiere ausgiebig beobachtet, weiß genau wo die „Lieblingsplätze“ sind und wird daher auch eingegrabene Tiere schnell wiederfinden. Da sich die Tiere im Freiland besser und selbständiger auf die Starre vorbereiten können und dies uns auch genau durch ihr Verhalten anzeigen, braucht man ebenfalls nur die Brenndauer der Lampen sowie die Heizung (z. B. Elsteinstrahler) alle 2-3 Tage verringern. Wenn die Tiere im Frühbeet oder Gewächshaus kaum noch herumlaufen, wird der Eingang verschlossen und der Schlafbereich mit Stroh oder Buchenlaub aufgefüllt. Stroh hält zusätzlich warm und wird gern angenommen. Außerdem schimmelt Stroh nicht so schnell wie Heu. Man kann natürlich auch Buchenlaub nehmen. Wenn die Tiere sich fast eingebuddelt haben, buddel ich sie langsam und vorsichtig aus und überführe sie in ihre Überwinterungsbehälter und decke diese mit Buchenlaub ab. Nach 1-2 Tagen haben sie sich vollständig eingebuddelt (man kann auch Hilfe leisten) und können nun an den Ort der Überwinterung gebracht werden.


Der Schlafbereich ist mit Stroh und Buchenlaub gefüllt, was die Tiere sehr angenehm finden und sichdarin zurückziehen und verweilen.



Bei den bereits kühleren Temperaturen verbuddeln sich die Tiere zunehmend im Freiland. Es ist daher um so wichtiger seine Tiere und deren Lieblingsplätze zu kennen, um diese abends schnell wieder zu finden. In diesem Fall war das Auffinden von Paula leicht, da sie die Grasnarbe an der bevorzugten Stelle entfernt hat und sich dort eingebuddelt hat. Es ist eindeutig ein "Maulwurfshügel" zu erkennen.


Hier habe ich den Hügel bereits entfernt und Paula "freigelegt". Sie wird nun wieder ins Frühbeet gesetzt, wo sie die Nacht mit den anderen Schildkröten verbringen kann.


Auf herkömmliche Baderituale verzichte ich vollständig, da mir der Stress für die Tiere zu groß ist. Meine Tiere entleeren sich von selbst, was man an den benutzten Wasserschalen hervorragend erkennen kann. Ich möchte aber dennoch anmerken, dass es oft empfohlen und auch praktiziert wird. Es ist auch nicht ganz falsch. Die Tiere sollten im handwarmen Wasser 1-2 Mal gebadet werden, was die Darmtätigkeit anregt und schließlich das Kotabsetzen fördert. Der Darm darf allerdings nicht völlig entleert werden, da es sonst im Frühjahr zu Problemen mit der Verdauung kommen kann. Deshalb sollte die Nahrungsaufnahme vor der Starre bis ca. 2-3 Wochen bei jüngeren und etwa 3-4 Wochen bei älteren Tieren eingestellt werden, damit diese noch ausreichend Zeit für das Kotabsetzen haben.


Definitiv falsch: Die Schildkröten bis kurz vor der Starre füttern und dann ohne Kotabsetzen in den Kühlschrank überführen. Dies würde zu inneren Vergiftungen und schließlich zum Tod führen.

Es gibt diverse Überwinterungsmethoden (siehe Tabelle), die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Keineswegs möchte ich eine Methode in den Himmel loben und andere abwerten. Schließlich werden sich die verschiedenen Halter darüber ebenfalls Gedanken gemacht haben. Ich denke, dass jeder nach seinen eigenen Gegebenheiten zu Hause schauen muss, damit konstante Temperaturen von 4-6 °C eingehalten werden, um einen zu hohen Gewichtsverlust zu vermeiden. Die Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls zur berücksichtigen und sollte um die 70-80 % liegen.




Kühlschrank
Kellerraum 
 Vorteile- relativ konstante Temperaturen
- gute Überwachung und Regelung mit
  Thermostat (z. B. UT100 von Conrad   Elektronik)
- keine gesonderte Abdeckung
- kein Stromverbrauch
- geringster Aufwand
 Nachteile- relativ unnatürliche Überwinterung
- hohe Anschaffungskosten
- hoher Stromverbrauch
- hoher Platzbedarf
- ausschließliche Nutzung für die Tiere
- meistens zu geringe Luftfeuchtigkeit
  (Wasserschale reinstellen)
- mind. 1-3 Mal/Woche lüften
  (ca. 10-20 s)
- Temperaturen können von oben 
  nach unten schwanken
- Behälter nicht direkt auf den 
  Boden/an die Wand stellen
- geeigneter Kellerraum mit konstanten,
  kühlen Temperaturen von 4-6 °C (meistens
  nicht realisierbar, da die modernen Keller zu    
  warm sind)

- hoher Platzbedarf
- Abdeckung eventuell notwendig
- Temperaturüberwachung und Regelung
  kaum möglich
- zu geringe Luftfeuchtigkeit
 Risiken- plötzlicher Stromausfall oder
  Gerätedefekt
- plötzlicher Wetterumschwung, Erwärmung
  Alter Gewölbekeller
Freiland/Frühbeet
 Vorteile- hervorragende Luftfeuchtigkeit
- kein Stromverbrauch
- relativ natürlich
- sehr natürlich (Anfang und Ende der
  Starre bestimmen die Tiere selbst)

- optimale Luftfeuchtigkeit
- kein/kaum Stromverbrauch
- keine Abdeckung erforderlich
 Nachteile- milde Winter= zu hohe Temperaturen
- harte Winter= Frostgefahr
- ständige Temperaturkontrolle  
  notwendig
- gute Abdeckung (Gaze/Metallgitter =   
  Schutz vor Nagern/Mäuse)
unbedingt
  erforderlich
- milde Winter= zu hohe Temperaturen
- harte Winter= Frostgefahr
- ständige Temperaturkontrolle notwendig
- Boden im Frühbeet muss tief (ca. 70 cm)
  genug sein
- Unmengen Laub notwendig
 
 Risiken- Frostgefahr, genaue Beobachtung
 der Außentemperaturen
- Frostgefahr, genaue Beobachtung der Außentemperaturen
 Fenster-/Kellerschacht
Überwinterung am Haus*)
 Vorteile- Alternative, wenn vorhanden
- geringer Stromverbrauch
- sehr natürlich
- Möglichkeit der Beobachtung
- optimale Luftfeuchtigkeit
- sehr natürlich
- optimale Luftfeuchtigkeit
- geringer/kein Stromverbrauch

 Nachteile- relativer Aufwand für die Herrichtung
- Heizquelle bei Frost erforderlich
- ständige Überwachung der
  Temperaturen
- viel Substrat und Abdeckung 
  erforderlich
- hoher Aufwand für Herrichtung
 (große, tiefe Kiste)
- Heizquelle bei Frost erforderlich
- ständige Überwachung der Temperaturen
- Unmengen Substrat/Laub notwendig
- kaum Kontrollmöglichkeit
 Risiken- Frostgefahr, Ausfall der Technik
- Frostgefahr, Ausfall der Technik
- Gewichtskontrollen fast unmöglich
*) Ich habe im Sommer 2007 mit verschiedenen Züchtern in Deutschland telefoniert, zwei davon wenden diese Methode seit über 11 Jahren erfolgreich an. Also, ein positives Beispiel welches mit etwas Geschick und handwerklicher Begabung eine sehr natürliche, kostengünstige und durchweg in der Praxis geprüfte Überwinterung ermöglicht.


Das "Winterquartier 2008/2009" der adulten Tiere; abgedeckt mit Pappe an den Seiten und oben mit Styropor und Decken. Der Innenraum ist zur Hälfte mit Buchenlaub aufgefüllt und zwei 150 W-Elstein-Strahler sorgen für Frostfreiheit. Die Temperatur-Überwachung erfolgt per Funksender ins Wohnhaus.


Das Gehege im Winter 2008/2009 bei bis zu -18 Grad und Neuschnee im Februar.

Hier habe ich noch einen interessanten Beitrag aus dem Forum, wobei ich eine Umfrage zur Überwinterungsmethode gestellt habe. Wer den gesamten Beitrag lesen möchte, klickt bitte auf Beitrag.



Ich habe alle meine Tiere bis 2006  immer im Kühlschrank überwintert. Ab dem Jahr 2007 (siehe Temperaturen) habe ich mich dazu entschlossen, nur noch meine jüngeren Tiere bis ca. 5/6 Jahre im Kühlschrank starren zu lassen. Ab 2009 habe ich mich aufgrund der positiven Erfahrungen im Freiland - trotz kalter, langer und harter Wintermonate - dazu entscheiden, ab sofort alle Tiere in den Frühbeeten starren zu lassen.

Zum Beheizen eignen sich die üblichen Elsteinstrahler, ein Frostwächter oder eine Deckelheizung.

 

Frostwächter von der Firma Beckmann                   Elsteinstrahler mit verschiedenen Leistungen


Deckelheizung von der Samenkiste

Hier habe ich einen praxisbezogenen Zeitplan für die Vorbereitung der Hibernation für dieses Jahr (2012) erstellt.

 DOWNLOAD-DATEI
Vorbereitung Hibernation 2013 (pdf)
Vorbereitung Hibernation 2013 (xlsx)
mit Schritt für Schritt-Anleitung für Freiland und
Übergangsterrarium

(Kann auch per E-Mail zugesandt werden.)


Zum Thema Baden
Teilweise ist das Baden unter den Haltern jedoch schon wieder umstritten und die Abneigung dazu steigt. Ich möchte hier ein PRO & CONTRA bringen:



Beispiel aus der Natur (PRO):
Im Herbst regnet es im mediterranen Raum oft, heftig und viel. Die Möglichkeit für die Tiere genügend Wasser aufzunehmen besteht ohne Zweifel und das das ein oder andere Tier auch gleich noch ein gelegentliches Bad nimmt und sich eventuell dabei entleert, steht meiner Meinung nach ebenfalls außer Frage. Mir wäre dabei am wichtigsten, dass ich die Tiere so wenig wie möglich stresse und das tue ich, in dem ich ihnen die Trink- und Bademöglichkeit anbiete und ständig säubere; es ihnen aber überlasse wann und wie oft sie trinken und/oder baden möchten und ob sie nun in die Wasserschüssel koten oder halt daneben…


Übertreiben (CONTRA):
Fatal ist das Baden nur, wenn man es übertreibt! Die Hornschichten der Haut quellen auf, der Panzer wird in Mitleidenschaft gezogen und der Darm könnte völlig entleert werden!!! Entleerung ist gut, aber völlige Entleerung zerstört die Darmflora und unsere Tiere benötigen einige Futterreste zum überleben. Besonders schnell faulen schnell verdauliches Futter (Salat etc.). Hingegen rohfaser- reiches Futter (Heu etc.) und Reste davon sind unbedenklich.


Hier sollten Sie wieder einen eigenen, goldenen Mittelweg finden.


Winterstarre – Was wird benötigt?

Überwinterungsbehälter
• angemessen groß (Platz zum Bewegen) und hoch (darf nicht überklettert werden)
• Größe und Höhe richtet sich nach der Größe des Tieres (ca. 3 x so lang, 2 x so hoch)
• Plastikbehälter (Stapelboxen, Mörtelwannen o. ä.) sind sehr gut geeignet
• Behälter dürfen nicht durchsichtig sein, da Schildkröten diese durch die Transparenz nicht als 
   Begrenzung erkennen und versuchen werden heraus zu klettern
• Abdeckung aus Metallgitter o. ä. (Nagersicherung, da wo es notwendig ist)


Mittlerer Behälter mit trockenem Substrat.              Großer Behälter mit noch frischer Erde für ein adultes Tier.

Sustratmischungen

• Erde, Sand, Buchenlaub (lt. Rogner 2005, 2007)
• Sand, Torfmoos (Sphagnum), Buchenlaub (lt. Rogner 2007)
• Gartenerde-Rindenhumus (lt. Dost 2006)
• Erde-Buchenlaub-Gemisch (lt. Dost 2006)
• Kies, Torfmoos (Sphagnum) (lt. Rogner 2005)

Auch hier gibt es wieder verschiedene Meinungen. Ich selbst verwende natürliche Garten- und Maulwurfserde, die ich rechtzeitig vorher in die Behälter fülle und dann zum Trocknen (nicht staubtrocken, sondern leicht angetrocknet) in einen Raum stelle. Wichtig ist – hingegen anderen Meinungen – dass das Substrat vor und während der gesamten Starre trocken ist und nicht staubt (Merkblatt von Dr. Mutschmann, welches ausschließlich in der Tierarztpraxis ausgegeben wird und nicht veröffentlicht werden darf). Unter "trockenes Substrat" verstehe ich, dass die obere Schicht relativ trocken ist, darunter jedoch leicht feucht. Unsere Maulswurfserde im Herbst ist teilweise so nass, dass sie beim Einfüllen in die Behälter "tropft". Das ist definitiv zu feucht, daher muss ich sie leicht "antrocknen". Bevor ich die Tiere in ihre Behälter setze, lockere ich das Erdgemisch noch mal auf, setze das entsprechende Tier in den Behälter und fülle diesen ausschließlich mit leicht angefeuchtetem Buchenlaub auf.


Fertiger Behälter mit Buchenlaub aufgefüllt.

Wieviel Tiere pro Behälter
• bei kleineren Behältern, immer nur ein Tier
• in größeren Behältern, mehrere Tiere denkbar (z. B. Schlüpflinge oder Jungtiere)
• adulte Tiere immer einzeln

Temperaturen
• optimal und konstant 4-6 °C
• niemals höher als 8 °C (Stoffwechsel wird angekurbelt, Gewichtsverlust droht)

Gewichtsverlust
• 2-5 % vom Körpergewicht = Normalbereich
• über 5 % = sofort auswintern
• über 10 % = sofort zum Tierarzt

Länge der Starre
• Testudo marginata – ca. 5 Monate
• Testudo hermanni – ca. 3-4 Monate
• Testudo boettgeri – ca. 3-5 Monate
• Testudo hercegovinensis – ca. 3-4 Monate
• Agrionemys horsfieldi - ca. 7-8 Monate + Sommerruhe
Die Länge der Starre richtet sich nach Art und Herkunft.


Auswintern
Das Auswintern geschieht in der Regel genau umgekehrt zum Einwintern. Bei der Kühlschrankme- thode schaltet man den Kühlschrank 2-3 Tage immer etwas höher und dann komplett aus und öffnet die Tür; die Tiere bleiben noch 1-2 Tage im Kühlschrank. Danach setzt man die Tiere mit dem Behälter Tag für Tag in einen etwas wärmeren (möglichst unbeheizten) Raum. Beginnen sollte man nach dem Herausnehmen aus dem Kühlschrank mit etwa 10 °C Zimmertemperatur. Täglich kann man die Temperatur um ca. 1-2 °C steigern. Ab ca. 8 °C erwachen bereits die Schildkröten und verbrauchen Energie. Zwischen 10-15 °C sind die ersten Aktivitäten zu sehen und zu hören; die Schildkröten buddeln sich aus dem Substrat und erscheinen an der Oberfläche des Behälters. Nun ist auch das Laub zu entfernen.


Die ersten Aktivitäten Ende März 2009 im Frühbeet. Die Tiere haben sich bereits an die Oberfläche gebuddelt.

Das Erwachen dauert etwa 2-4 Tage, kann aber auch 1 Woche betragen. Erst wenn die Schildkröten vollständig erwacht sind und herumlaufen, sollte man sie aus dem Behälter herausnehmen und sofort das Gewicht sowie die Färbung des Bauchpanzers*)  kontrollieren.Dann sind sie in ein beheizte Frühbeet (alternativ in eine Übergangs-terrarium)  zu überführen. Man kann auch ein warmes Bad von ca. 20-25 °C zum Ausgleich des Wasserverlustes anbieten; sollte aber darauf achten, dass sich die Tiere nicht unterkühlen, gut abgetrocknet und unter die Wärmelampe gesetzt werden. Im Freiland ist ein Bad nicht ratsam, da die Temperaturen häufig noch zu niedrig sind.

*) Oft wird es übersehen: Bitte unbedingt den Bauchpanzer auf Rötung kontrollieren!!! Ist eine leichte bis sogar intensive Rotfärbung zu erkennen, ist das Tier kühl (also keine Wärmelampe anschalten) zu halten und sofort ein Reptilienarzt aufzusuchen. Die Rotfärbung deutet auf eine Sepsis hin und sollte so schnell wie möglich behandelt werden!

Die Freilandmethode ist wesentlich weniger aufwendig. Bei steigenden Temperaturen ab ca. Anfang/Mitte März und schon einigen Sonnenstunden, die das Frühbeet schnell aufwärmen, entferne ich die äußere Winterisolierung. Es kann bis zu 2 Wochen für die ersten Aktivitäten dauern, da die Erde immer noch kalt ist und sich nur langsam erwärmt. Im Frühbeet sind dann oft schon 20-25 °C zu messen. Dann wird das Buchenlaub entfernt und die ersten Schildkröten haben sind bereits an die Erdoberfläche gebuddelt. Manchmal guckt schon ein Köpfchen aus dem Erdreich heraus. Oft verweilen die Tiere noch einige Stunden bis Tage in der "Wintergrube", bis sie sich vollständig freigebuddelt haben. Erst nachdem sie sich fast vollständig befreit haben, werden die Wärmestrahler angeschaltet.

Der Wärmespot wird beginnend bei 3-4 Stunden (und Tageslicht 7-8 Stunden) eingeschaltet und in den kommenden Wochen wieder alle 2-3 Tage leicht erhöht. Bitte zu dieser Zeit unbedingt den Frühling und keinen Hochsommer simulieren! Die Futteraufnahme ist von Tier zu Tier unterschiedlich. Einige fressen bereits nach wenigen Stunden, andere benötigen mehrere Tage. Es ist jetzt besonders wichtig die Tiere ausgiebig bei der Futter- und Wasseraufnahme zu beobachten, um auf eventuelle Probleme schnell reagieren zu können. Ich wiege die Tiere in den ersten 4 Wochen nach der Starre wöchentlich, um sicher zu sein, dass sie an Gewicht zunehmen sowie gesund und fit für ein schönes, neues Jahr sind.


Hier ist schon jemand wach, der aber noch etwas in der Erde verweilt. Man kann sehr schön erkennen, dass die obere Schicht Erde trocken ist, darunter ist sie leicht feucht.

Letztes Update: 25. September 2013